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Jakobsweg on tour

26.03.2023 – Sahagùn

Nach einer unruhigen Nacht und einer gestohlenen Stunde, rappeln wir uns unausgeschlafen auf. Helena geht es ziemlich schlecht. Ihr Magen hat ein Essen oder das Wasser aus der letzten Quelle vermutlich nicht vertragen. Erst nach dem Alles wieder raus ist, wird es etwas besser. Wir beschließen diesen Status zu nutzen und zumindest ein paar Kilometer zu probieren. Glücklicherweise geht es vorwiegend seicht bergab mit Rückenwind. Auf den Feldern sehen wir einige interessante Hügelhäuser, über die wir aber leider nicht mehr in Erfahrung bringen können.
Dann verstärken sich leider die Kopfschmerzen, die Übelkeit kehrt zurück und eine Unruhe und Schwäche überkommt den ganzen Körper. Vielleicht war es doch nicht das Essen vom Vortag? Wir erreichen Sahagùn und müssen noch zwei endlose Stunden warten, bis das Kloster öffnet, in dem wir hoffen unterkommen zu können. Die Hospitaleros sind super lieb und wir bekommen ein Zweibettzimmer mit eigenem Bad, welches uns die dringend benötigte Ruhe und Privatsphäre bietet. Den Rest des Tages verbringen wir dort zurückgezogen.

Jakobsweg on tour

25.03.2023 – El Burgo Ranero

Den Abschied zelebrieren wir in einem Park mit selbstgemachten Pfannkuchen. Von Jolan bekommen wir noch eine Erinnerungskarte, die er für uns hat zeichnen lassen. Dann trennen sich unsere Wege fürs erste.
Heute ist die Strecke wieder verkehrsärmer und geht durch flache weite Ebenen. Kilometerlang sind wir gefühlt im Nirgendwo.
Als wir in das Dorf mit unserer Herberge einfahren, rieseln rosafarbene Blüten von den Bäumen am Straßenrand und es klappern die Störche in ihrem Nest auf dem Kirchdach. In der Pilgerherberge gibt es keine Hospitaleros die uns in Empfang nehmen. Das gesamte Haus steht vertrauensvoll in Obhut der Pilger. Es ist aus Lehm und im Inneren wärmt ein bereits angeheizter Ofen. Wir treffen zwei deutsche Frauen, aber nach einer Woche vorwiegend englischer Konversation, verirren wir uns immer mal wieder in die andere Sprache.

Jakobsweg on tour

24.03.2023 – Leòn

Unser Morgen startet mit Churros und heißer Schokolade in einem Cafè. Erstaunt stellen wir fest, dass wir es heute schon bis Leòn schaffen werden. Früher als erwartet, trotzdem ganz im Flow.
Der Weg ist nicht besonders schön. Auf der vielbefahrenen Hauptstraße geht es immer gerade aus. Auch für die uns entgegenkommenden Fußpilgerer am Straßenrand muss es eine sich ziehende Etappe sein.
Für die Nacht kommen wir im benedektiner Kloster unter. Zum ersten Mal sind die Räume für Frauen, Männer und verheiratete Paare getrennt. Jolan muss also in einen anderen Bereich. Aber wir treffen uns in der Küche zum Kochen und Quatschen und unternehmen sogar noch einen Spaziergang mit Eis durch die Altstadt. Vorerst war es der letzte gemeinsame Tag, denn morgen wird Jolan mit dem Bus nach Bilbao fahren und wir weiter dem Jakobsweg folgen. Nach sechs Tagen zu dritt wird es sich bestimmt erstmal merkwürdig anfühlen wieder als Duo zu reisen. Aber es sind schon Pläne für ein Wiedersehen in Belgien oder sogar ein paar weitere Fahrradtage an der französischen Küste geschmiedet.

Jakobsweg on tour

23.03.2023 – Astorga

Wegen des vor uns liegenden 1500-Meter-Berges haben wir uns nur 32 Kilometer vorgenommen, gerade so bis zur Spitze. Es wird hart genug werden.
Tatsächlich ist es ein ganz schöner Kampf bis nach oben. Drei Stunden klettern wir stetig bergauf, mit teilweise heftigen Steigungen. Immerhin sorgen die Landschaft und die malerischen, kleinen Dörfer mit ihren Schieferhäusern für Ablenkung. Um 12 Uhr erreichen wir endlich das große Eisenkreuz welches am höchsten Punkt des Camino Frances prankt. Dies ist gleichzeitig der zweithöchste Punkt unserer gesamten Tour. Der Tradition folgend werfen wir einen Stein, den wir schon länger mit uns herumfahren, über die Schulter in Richtung Kreuz. Danach kochen wir Tee, essen unser Mittagsbrot und können unsere Flaschen mit frischem Bergwasser füllen. Wenn niemand spricht ist es hier oben absolut still. Und diese Ruhe überträgt sich auch auf die angespannten Muskeln.
Dann geht es bergab bis nach Rabanal del Camino. Das angestrebte Kloster hat leider noch bis April geschlossen, daher müssen wir noch mal aufs Rad steigen. Bis wir endlich eine passende Unterkunft finden, soll es weitere 30 Kilometer dauern! Dennoch fahren wir in Astorga noch einen kleinen Schlenker zur Kathedrale, der sich als total lohnenswert herausstellt. Feine Sandsteinschnitzereien zieren die Säulen am Portal. Wir sind jetzt an wirklich vielen Kirchen und Kathedralen vorbei gekommen, aber diese sticht in besonderer Weise hervor. Am Abend sind unsere Beine völlig erschöpft. Da helfen nur noch die doppelte Menge Magnesium und 250g Nudeln pro Person.
Witzigerweise sind mit uns auf dem Zimmer zwei Engländer, die auf dem Weg zu dem für uns heute geschlossenen Kloster sind, um alles für die Saison klarschiff zu machen.

Jakobsweg on tour

22.03.2023 – Ponferrada

Die erkämpften Höhenmeter fahren wir heute wieder runter – mit neuem Geschwindigkeitsrekord, denn der Wind drückt zusätzlich von hinten und vertreibt die tief hängenden Wolken. Die Pilgerer Richtung Santiago de Compostela müssen sich ihm in dieser Höhenlage hingegen ganzschön entgegenstemmen. Die steilen Hänge des Tals sind märchenhaft von blätterlosen Bäumen bewaldet, welche fluffig von Flechten ummantelt sind. Ein bisschen erinnern sie an diese kleinen Bäume in Modelleisenbahnlandschaften.
In einem Cafè machen wir eine kurze Pause und bekommen neben dem bestellten Schokokuchen jeder noch einen rostigen Ritter nach spanischer Art.
Abends kommen wir in einer Unterkunft unter, die dem heiligen St. Nicolas de Flüe, dem Schutzheiligen der Schweiz, gewidmet ist. In der geräumigen Küche kochen wir endlich gemeinsam! Bzw. schnippeln wir eigentlich nur, denn Jolan, als begeisterter Hobbykoch, übernimmt den Herd. Es gibt Reis mit Kürbisgemüsepfanne und Salat. Wir ernten dafür einige neidische Blicke der anderen, immer zahlreicher einkehrenden, Pilgerer. Am Abend ist die Herberge gut gefüllt.

Jakobsweg on tour

21.03.2023 – O Poio

Am Morgen packen wir entspannt Alles zusammen. Es war ein toller Ort für die Nacht! Jetzt liegt ein steiler und langer Anstieg vor uns – 1100 Höhenmeter fast ohne leichtere Passagen zwischendrin. Immerhin haben wir perfekte Temperaturen um die 19°C und viel Zeit. Jolan fährt sein Tempo vorne weg und wir kurbeln ohne Hast hinterher. Für die Mittagspause treffen wir uns, trinken Tee und verkosten gegenseitig unsere Snacks. Es ist interessant eine dritte Perspektive auf alle Erlebnisse zu bekommen.
Unser Plan am Abend gemeinsam zu kochen zerschlägt sich, weil wir an keinem Supermarkt mehr vorbei kommen und kaum noch Vorräte in den Taschen haben. Also gönnen wir uns ein 3-Gänge-Pilgermenü für je 10€ und verschieben das Vorhaben auf morgen. Wir werden also noch länger gemeinsam reisen – wer hätte das gedacht?

Freinacht Jakobsweg on tour

20.03.2023 – Sarria

Zusammen mit Jolan geht es um 8 Uhr los. Die Sonne scheint und wärmt in dieser Höhe bereits, aber im Tal hängen noch dicke, weiße Nebelkissen. Um uns herum erwacht langsam Alles und wir fahren in sanftem Auf und Ab durch den Morgen. Dann beginnt die große Abfahrt. Wir rauschen ins Tal und erreichen den Nebel. Die Sicht wird immer schlechter, in einer Kurve scheint es als würde es ins Nichts gehen. Kaum zu glauben, dass wir vor wenigen Minuten noch Sonne hatten. Die feuchte Kälte hier beißt an den nackten Schienbeinen, aber innerlich macht sich ein Jubeln breit. Wir fühlen uns frei und energiegeladen. Unser Tandem ist durch seine Masse so schnell, dass wir Jolan mit seinem Klapprad bergab immer wieder verlieren, aber bergauf ist er im Vorteil. Erst nach 30 Kilometern essen wir Frühstück.
Der angestrebte Campingplatz ist leider geschlossen und die näheren Herbergen zu teuer. Also suchen wir gemeinsam einen Wildcampingspot. Eine ganz neue Erfahrung nun zu dritt seine Bedürfnisse und Gefühle zu teilen und etwas Geeignetes zu finden. An einem Fluss werden wir uns schließlich einig. Die gut bekannte leichte Unsicherheit legt sich, je mehr wir den Platz einnehmen, zu unserem Lager gestalten und all die ihm eignen Geräusche kennenlernen. Es wird ein ausgelassener Abend. Wir gehen im kühlen Fluss baden, dehnen uns danach auf der Wiese und machen etwas AcroYoga.

Jakobsweg on tour

19.03.2023 – Palas de Rei

Um 07:10 Uhr geht das Deckenlicht an und reißt uns aprupt aus dem Schlaf – sehr gewöhnungsbedürftig…
Um 8 Uhr sind wir wieder auf dem Eurovelo3. Dies ist der für Fahrradfahrer optimierte Jakobsweg. Es tut sehr gut wieder mehr Asphalt unter den Rädern zu haben, keine Angst vor Passagen haben zu müssen in denen man das Tandem tragen muss und somit etwas mehr Berechenbarkeit in die Etappenplanung zu bekommen.
Die Morgenstunden auf dem Rad mit dem Nebel und den leeren Straßen sind magisch.
Zum ersten mal seit Beginn des Pilgerwegs knacken wir mal wieder die 50 km und 1000 Höhenmeter. Als wir gerade das Tandem hinter die Herberge schieben wollen, sehen wir einen anderen Bikepacker mit Klapprad. Wir unterhalten uns eine Weile und es kommt raus, dass er ebenfalls den Camino Portugues nach Santiago gefahren ist und jetzt ein Stück des Camino Frances rückwärts fährt. Was für ein Zufall! Jolan beschließt spontan ebenfalls hier einzukehren, sodass wir ab morgen ein Stück gemeinsam fahren können. Das wird eine neue spannende Erfahrung als Trio. Und wir haben jetzt noch einen weiteren Schlafplatz in Belgien in Aussicht.

Jakobsweg on tour

18.03.2023 – Santa Irene

Wir starten erst um 12 Uhr aus dem Hostel. In einem Bioladen wollen wir unseren Haferflockenvorrat auffüllen. Es stehen keine Preise an den Produkten, aber wie viel kann 1 kg davon schon kosten, wenn er sonst im Durschnitt bei einem Euro liegt? 6,60 € verrät uns der Kassenzettel als wir draußen sind. Da wurden wir ganz schön abgezockt.
Der Weg führt uns ostwärts raus aus Santiago. Viele Pilger strömen uns entgegen. Einige beachten uns kaum, andere sind total aufgedreht als sie uns sehen. Es geht zwar lange steil bergauf, der Blick zurück fesselt uns um so mehr.
Als wir etwas später in einem anderen Supermarkt für unser Abendessen einkaufen, spricht uns eine junge Frau an und fragt ob das da draußen unser Tandem ist. So kommen wir in ein super sympathisches Gespräch und wenig später haben wir Nummern ausgetauscht und eine Schlafoption bei Clara in Belgien.
Unsere Schlafoption für heute liegt in Santa Irene (Liebe Grüße an dieser Stelle!) Es ist wieder eine Pilgerherberge, jedoch mit neuem Feature: Das grelle Deckenlicht im Schlafsaal ist per Zeitschaltuhr gesteuert – erst um halb zehn “dürfen“ wir endlich schlafen.

Jakobsweg on tour

16.03.2023 – Santiago de Compostela

Zum Finale ein Regentag und ein kleines Wunder!
Morgens geht es noch trocken los, doch wir sehen schon im Himmel, dass es nicht lange halten wird. Als der typische Wind einsezt, der oftmals Regen ankündigt, ziehen wir unsere wasserdichen Klamotten über – keine Minute zu früh. Schon beginnt es zu tröpfeln und regnet sich langsam ein.
Die Pilgerdichte nimmt täglich zu, je näher wir Santiago kommen. Zu unserer großen Überraschung treffen wir heute, am letzten Tag, die Pilgerin aus Tschechien wieder! Jene, die wir in Golegã kennengelernt hatten, noch bevor der Jakobsweg für uns in Porto startete. Nur wenig früher hatten wir uns darüber unterhalten, dass sie vor etwa einer Woche in Santiago angekommen sein müsste. Aber auch sie hatte wohl ein paar Pausentage eingelegt und ausgerechnet bei der letzten Etappe treffen sich unsere Wege nun erneut.
Zum frühen Nachmittag hin prasselt es so stark auf uns herab, dass wir beschließen, den Slalom auf dem Fußpilgerweg um die Hauptstraße zu beenden und stattdessen im Autostrom mitzuschwimmen. In Portugal wäre dies keine Option gewesen, aber in Spanien fühlen wir uns sicher.
Nach einigen Stunden im Regen erreichen wir die Kathedrale von Santiago! Was für ein Bauwerk und was für eine aufgeladene Stimmung auf dem Vorplatz. Ein Dudelsack spielt, Pilger machen Fotos, umarmen oder unterhalten sich. Sogar der Regen ehrt diesen Moment mit einer kurzen Pause. Für diese Jahreszeit sind erstaunlich viele Leute hier. Im Pilgerbüro holen wir uns unsere “Compostela“, die Urkunde ab. Laut offizieller Statistik sind mit uns heute 159 weitere Pilger hier eingetroffen.